Sie können als Unternehmer grundsätzlich Umsatzsteuer, die Ihnen von anderen Unternehmen in Rechnung gestellt wird, als Vorsteuer geltend machen und sich vom Finanzamt erstatten oder auf die eigene Umsatzsteuer anrechnen lassen. Der Vorsteuerabzug setzt unter anderem voraus, dass Sie über eine ordnungsgemäße Rechnung für die von Ihnen bezogene Lieferung oder sonstige Leistung verfügen. Die erforderlichen Mindestangaben finden Sie in den §§ 14ff. UStG oder z.B. unter www.muenster-stb.de/service/downloads-formulare/.
Fehlte nur eine einzige Rechnungsangabe, haben die Betriebsprüfer bisher den Vorsteuerabzug versagt. Sie konnten zwar die Rechnung vom Rechnungsaussteller berichtigen oder ergänzen lassen. Der Vorsteuerabzug stand ihnen aber erst für den Monat der Rechnungskorrektur zu.
Beispiel:
Sie haben am 12.1.2010 eine Warenlieferung über 100.000 € zzgl. 19.000 € Umsatzsteuer erhalten und sich die Vorsteuer in Höhe von 19.000 € mit der Umsatzsteuervoranmeldung Januar/ 2010 anrechnen lassen.
Bei einer Betriebsprüfung für die Jahre 2010-2012 im Januar 2016 wird diese Rechnung beanstandet, weil das Lieferdatum fehlt. Das Finanzamt fordert die Umsatzsteuer in Höhe von 19.000 € im Frühjahr 2016 nach und berechnet dabei Nachzahlungszinsen für 4 Jahre (1.4.2012 bis 31.3.2016), also 19.000 € x 48 Monate x 0,5 % p.M. = 4.560 € Zinsen.
Sie lassen die Rechnung im März 2016 ergänzen.
Bisher konnten Sie die Vorsteuer erst für den März 2016 wieder geltend machen und wurden mit den Zinsen in Höhe von 4.560 € endgültig belastet.
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 15.9.2016 – C-518/14 entschieden, dass die Handhabung der deutschen Finanzverwaltung europarechtswidrig ist und die Rechnungsberichtigung mit Rückwirkung möglich ist.
In dem genannten Beispiel kommt es nach der Korrektur nun gar nicht mehr zu einer Nachforderung durch die Betriebsprüfung. Zinsen fallen dementsprechend auch nicht an.
Sie können sich direkt auf das Urteil berufen. Wir stehen Ihnen für Fragen gerne zur Verfügung.