Internationales Steuerrecht:
Der Einsatz von angestellten Handelsvertretern im Ausland
Betriebsstätten-Fiktion
Der Einsatz von angestellten Handelsvertretern im Ausland eröffnet Unternehmen die Möglichkeit, sich neue Märkte schrittweise zu erschließen. Nach einer ersten Phase, die meist durch den Direktvertrieb von Waren oder Dienstleistungen gekennzeichnet ist, soll so der Markt weiter getestet und der Absatz ausgeweitet werden. Gleichzeitig wollen die Firmen jedoch den Kapitaleinsatz, das Risiko und den erforderlichen Verwaltungsaufwand übersichtlich halten.
Angestellte Handelsvertreter als ständige Vertreter des Unternehmens
Grundsätzlich bedeutet eine steuerliche Betriebsstätte eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ausgeübt wird (siehe hierzu Art. 5 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens), also z.B. eine Zweigniederlassung, eine Produktionsstätte oder eine Werkstätte. Wenn jedoch ein angestellter Handelsvertreter für ein Unternehmen im Ausland tätig ist und auch die Vollmacht hat, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen und diese Vollmacht auch ausübt, so gilt er nach den meisten Doppelbesteuerungsabkommen als sogenannter ständiger Vertreter. Das bedeutet, es wird im Ausland fiktiv eine Betriebsstätte angenommen, ohne dass das Unternehmen über eine feste Geschäftseinrichtung verfügt. Das führt dazu, dass Unternehmen sich in dem betreffenden ausländischen Staat steuerlich registrieren lassen müssen und auch einen Teil des Gewinns aus diesem Geschäft im ausländischen Staat versteuern müssen.
Risiken einer unbeabsichtigten Betriebsstätte
Da viele Unternehmen den hiermit verbundenen Verwaltungsaufwand scheuen, beauftragen sie die angestellten Handelsvertreter oft, die Verträge nur anzubahnen. Die Verträge werden dann tatsächlich in Deutschland durch die Geschäftsführung unterzeichnet. Wenn die Verträge bereits vorher durch den Handelsvertreter in allen Einzelheiten aushandelt worden sind und die Vertragsunterschrift in der deutschen Zentrale lediglich eine reine Formsache ist, wird diese Handhabung oft durch ausländische Finanzbehörden nicht akzeptiert. Sie gehen auch in diesem Fall davon aus, dass der Handelsvertreter ein ständiger Vertreter im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens ist und eine Betriebsstätte errichtet wurde. Dies kann im Extremfall zu Steuerstrafverfahren incl. Steuernachzahlungen, empfindlichen Geldbußen und hohen Rechtskosten führen. Die betroffenen Firmen sollten daher, bevor sie handeln, die möglichen steuerlichen Folgen mit ihrem Steuerberater besprechen und mindestens einmal im Jahr prüfen, ob die tatsächliche Handhabung im Unternehmen immer noch den Vorgaben der Unternehmensleitung entspricht.
Lösungen
Es bieten sich folgende Lösungen an:
1. Abläufe sauber dokumentieren. Mit einer guten Dokumentation lässt sich nachweisen, dass der Handelsvertreter nicht nur formell keine Abschlussvollmacht hat, sondern dass dies auch nicht durch eine tatsächliche faktische Handlungsvollmacht ausgehebelt wird.
2. Einsatz eines selbstständigen Handelsvertreters.
3. Anmeldung einer steuerlichen Betriebsstätte im Ausland. Dies zieht zwar Verwaltungsaufwand nach sich (Registrierung, jährliche Deklarationspflicht im ausländischen Staat). Der im Ausland steuerpflichtige Gewinnanteil ist jedoch zumeist gering. Diese Lösung schließt das Risiko einer unbeabsichtigten Betriebsstätte vollständig aus.
Weitere Aspekte
Über die Betriebsstätten-Problematik hinaus müssen die betreffenden Unternehmen die steuerrechtlichen, sozialversicherungsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Arbeitnehmern im Ausland klären.